Mit den makroregionalen EU-Strategien für den Ostseeraum und den Donauraum wurde ein neuer strategischer Rahmen für europäische Zusammenarbeit geschaffen. Eine makroregionale Strategie bezieht sich auf eine Makroregion, welche die Europäische Kommission allgemein als Gebiet definiert, „das mehrere Verwaltungsregionen umfasst, aber genügend gemeinsame Themen aufweist, um ein einheitliches strategisches Konzept zu rechtfertigen“ (EK KOM(2009) 248/3). In diesem Sinn zeichnet sich eine Makroregion durch gemeinsame Themen, Problemlagen und Herausforderungen aus, welche die Lösungskompetenz eines einzelnen Staates oder einer Region übersteigen und staatenübergreifende Kooperation erfordern.
Makroregionale Strategien integrieren verschiedene sektorale Politiken und erfassen die essentiellen Herausforderungen einer Makroregion in ihren thematischen und räumlichen Zusammenhängen. Der Mehrwert makroregionaler Strategien besteht daher in der Möglichkeit, die Aktivitäten verschiedener Akteure und die unterschiedlichen Finanzinstrumente zu koordinieren. Auf diese Weise können Synergien erzeugt werden, um eine verbesserte Wirkung und einen effizienteren Einsatz von Ressourcen zu erzielen.
Makroregionale Strategien schaffen somit eine neue Politikebene im europäischen Mehrebenensystem und erhalten eine wichtige Funktion zur Erreichung des Ziels „territorialer Kohäsion“.
Unter den Prämissen der "3 NOs" (no new funding, no new legislation, no new institution) werden makroregionale EU-Strategien primär durch eine engere Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den involvierten Akteuren umgesetzt. Jede makroregionale Strategie muss daher ohne zusätzliches EU-Budget auskommen und sich im existierenden rechtlichen und institutionellen Rahmen bewegen.
Makroregionalen Strategien umfassen die jeweils regionsspezifischen Kernthemen („Säulen“), die in einem die Strategie begleitenden Aktionsplan auf Prioritäten, Aktionen und Vorzeigeprojekte heruntergebrochen werden.
Da keine neuen Institutionen geschaffen werden dürfen, haben sich mit der Ostseestrategie Governance-Strukturen etabliert, die auch in der Donauraumstrategie übernommen wurden. Mit diesem Modell wird politische Steuerung trotzdem ermöglicht.
Der Europäischen Kommission kommt dank ihrer Zuständigkeiten für die Koordinierung, das Monitoring, die Berichterstattung über den Fortschritt, Unterstützung der Durchführung und Weiterentwicklung der Strategie eine zentrale Rolle zu. Auf Ratsseite wird sie hierbei durch eine Gruppe hoher Beamter der Mitgliedstaaten unterstützt. Die Beschlussfassung selbst obliegt dem Rat für Allgemeine Angelegenheiten und falls erforderlich dem Europäischen Rat.
In ihrer Koordinationsrolle stehen der Europäischen Kommission zudem nationale Kontaktstellen („National Coordinators") bei, welche die Abstimmung und Unterstützung in den einzelnen Staaten gewährleisten und somit eine Schnittstellenfunktion zwischen europäischer und nationaler Ebene einnehmen.
Für Gesamtkoordination und die Umsetzung auf thematischer Ebene sind jeweils thematische Koordinatoren zuständig (zum Beispiel in der EUSDR: Priority Area Coordiatiors, in der EUSALP: Action Group Leaders). Sie werden gegebenenfalls unterstützt durch thematische Unterarbeitsgruppen und Lenkungsausschüsse ("Steering Groups"), die aus thematisch verbundenen, nationalen Vertretern bestehen. Die Aufgabe der Steering Group-Mitglieder besteht in der Einbringung der jeweiligen nationalen Interessen sowie in der Kommunikation der thematischen Ziele in ihren Herkunftsländern. Die Steering Groups treffen zudem die Entscheidungen bezüglich der inhaltlichen Ausrichtung der Prioritätsbereiche und der Auswahl der Vorzeigeprojekte.
Zum derzeitigen Zeitpunkt wurden vier makroregionale Strategien beschlossen. Im Oktober 2009 wurde die EU-Strategie für den Ostseeraum (EUSBSR) ins Leben gerufen. Im Juni 2011 fiel der Startschuss für die EU-Strategie für den Donauraum (EUSDR).Die makroregionale Strategie für den Adriatisch-Ionischen Raum wurde im Oktober 2014 vom Europäischen Rat bestätigt und startete ihre Umsetzung. Am 18./19. Dezember 2013 erhielt die EK den Auftrag zur Konzeption einer EU-Strategie für den Alpenraum. Am 28. Juni 2016 wurde die Alpenraumstrategie durch den Europäischen Rat nach der Bestätigung durch den Rat für Allgemeine Angelegenheiten Ende November 2015 angenommen. Gegenwärtig werden jedoch auch entsprechende Initiativen in der Nordsee, für die Karpaten oder für den Atlantischen Bogen diskutiert.
Am 27. Juni 2013 legte die Europäische Kommission einen Evaluierungsbericht (inkl. Begleitdokument) zum makroregionalen Strategiekonzept vor. Auf der Basis der Erfahrungen und Fortschritte der Ostsee- und Donauraumstrategie wurde Makroregionale Strategien als weitgehend erfolgreiches Konzept beurteilt und Empfehlungen für die Erstellungen neuer Strategien formuliert. Trotz bisheriger Erfolge sollten neue makroregionale Strategien lediglich bei besonderem Bedarf nach einer verbesserten und verstärkten Zusammenarbeit und bei klar erkennbaren Mehrwert ins Leben gerufen werden. Auch empfiehlt die EK den Fokus auf eine begrenzte Anzahl von Prioritäten. Am 22. Oktober 2013 anerkannte der Rat Allgemeine Angelegenheiten den Mehrwert makroregionaler Strategien in seinen Schlussfolgerungen und bestätigte somit den EK-Evaluierungsbericht vom 27. Juni 2013.
Am 16. Dezember 2016 veröffentlichte die EK im Auftrag des Europäischen Rates den ersten in einem 2-jährlichen Rhythmus geplanten Umsetzungsbericht zu allen bis dato genehmigten Makroregionalen Strategien. Der Bericht umfasst eine Beurteilung des Umsetzungsstands der aktuellen Strategien sowie eine Bestandsaufnahme der wichtigsten Ergebnisse, die bisher erreicht werden konnten. Des Weiteren werden aus den Erfahrungen Lehren gezogen und Vorschläge für die Weiterentwicklung der Strategien und ihrer Aktionspläne angeboten. In den am 25. April 2017 veröffentlichten Ratsschlussfolgerungen reagiert der Rat der EU wohlwollend auf die Ergebnisse des Umsetzungsberichts der EK.
Der zweite Bericht der EK zur Umsetzung der Makroregionalen Strategien folgte am 29. Jänner 2019. Er beschäftigt sich mit dem Umsetzungsstand der letzten zwei Jahre in den vier bestehenden Strategien (EUSBSR, EUSDR, EUSAIR, EUSALP) und gibt mit Blick auf die kommende Programmperiode Empfehlungen zur weiteren Umsetzung. Detailliertere Informationen zu den einzelnen Strategien sind beigefügten Staff working dokument zu entnehmen.
Der dritte Umsetzungsbericht umfasst den Zeitraum Mitte 2018 bis Mitte 2020 und wurde am 23. September 2020 veröffentlicht. Neben der Beurteilung des Umsetzungsstandes der vier makroregionalen Strategien (MRS) widmet sich der Bericht auch der COVID-19 Pandemie und erläutert, welche Rolle die MRS bei der Bewältigung der Krise durch koordinierte Aktivitäten spielen können. Im Hinblick auf die Erfolge fokussiert der Bericht auf drei miteinander verknüpfte Themenbereiche, welche von allen vier MRS bearbeitet werden und im engen Konnex zum europäischen Green Deal, zur Digitalen Agenda sowie zur "An economy that works for people" stehen: 1) Umwelt und Klimawandel; 2) Forschung & Innovation und ökonomische Entwicklung; 3) Konnektivität (Verkehr, Energie, digitale Netzwerke). Im Staff working document sind wieder detailliertere Informationen zu den vier Makroregionalen Strategien zu finden.
Am 9. Dezember 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren vierten Umsetzungsbericht zu den vier makroregionalen Strategien für den Zeitraum Mitte 2020 bis Mitte 2022. Der Bericht fasst die wichtigsten Fortschritte der makroregionalen Strategien zusammen und beleuchtet ihren Beitrag zu wichtigen EU-Initiativen wie dem Green Deal oder dem digitalen Wandel. Zusätzlich spricht die Europäische Kommission darin Themen an, wo die makroregionalen Strategien ihre Anstrengungen noch verstärken sollten, wie bspw. bei der Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Begleitet wird der Durchführungsbericht auch wieder durch ein Staff Working Dokument, in dem die Details zum Umsetzungsstand jeder einzelnen makroregionalen Strategie zu finden sind.
letzte Aktualisierung Subbereich "Makroregionale Strategien": 24.11.2015