Das zweite Halbjahr 2023 hat im nominellen Planungsrecht beachtliche Änderungen gebracht. So werden in mehreren Bundesländern die Raumordnungs- bzw. Raumplanungsgesetze novelliert – mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten.
Im Bgld RplG (LGBl. für das Bgld Nr. 100/2023) werden insb. die Bestimmungen für Windkraft- und Photovoltaikanlagen geändert. Eignungszonen für Photovoltaikanlagen sind als Maßnahme der überörtlichen Raumplanung im Flächenwidmungsplan ersichtlich zu machen und Bewilligungen von Photovoltaikanlagen von über 10 ha sind nur zulässig, wenn sie der Verordnung nicht widersprechen. Als Ausgleich für die durch Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen bewirkte Belastung des Landschaftsbildes erhebt das Land eine Abgabe. Die Windkraft- und Photovoltaikabgabe ist vom Amt der Landesregierung als Abgabenbehörde einzuheben.
Im Rahmen des PV-Anlagen Deregulierungsgesetzes 2023 wird in der Steiermark auch das Stmk ROG geändert (LGBl. für die Stmk Nr. 737203) und Agri-Photovoltaikanlagen (Photovoltaik-Anlagen, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes auf einer landwirtschaftlich genutzten Freifläche errichtet werden und die bestimmte Anforderungen erfüllen) sowie Zentrumszonen (Bereiche, die in zentraler Lage gewachsene, dichtere Baustrukturen als der Umgebungsbereich und eine Durchmischung von Wohn- oder anderen Nutzungen (öffentliche Einrichtungen, Büros, Handels- und Dienstleistungsbetriebe) aufweisen) eingeführt. In einem Entwicklungsprogramm zum Sachbereich Naturgefahren kann künftig festgelegt werden, dass Flächen, die durch Naturgefahren besonders gefährdet oder die für den Schutz vor Naturgefahren bedeutsam sind, gänzlich oder von Bauvorhaben bestimmter Art freizuhalten sind. Darüber hinaus wird die Erstellungspflicht für Bebauungspläne in Landschaftsschutzgebieten sowie in Gefahrenzonen erweitert.
Das Tiroler Raumordnungsgesetz wird im Berichtszeitraum dreimal novelliert (LGBl. für Tirol Nr. 63, 78 und 85/2023). In der Hauptnovelle (LGBl. für Tirol Nr. 63/2023) werden ua. die Bestimmungen für Kriterien bezüglich einer mehrgeschossigen Bebauung und Mehrfachnutzung von Sonderflächen für Einkaufszentren, die Berechnungsgrundlage für die Freizeitwohnsitzquote sowie die Strafbestimmungen bei Freizeitwohnsitzen novelliert. Neu eingefügt werden Regelungen für Baulandmonitoring und eine Widmungsbilanz bzw. werden die Bestimmungen für die Fortschreibung des örtlichen Raumordnungskonzeptes sowie für Beeinträchtigungen der Wohnqualität durch Lärm überarbeitet. Neu gefasst werden die Bestimmungen für Bauten im Freiland, für die Schaffung von Chaletdörfern und Beherbergungsgroßbetrieben sowie die Inhalte von Bebauungsplänen. Mit der Novelle LGBl. Nr. 78/2023 werden insb. die Bestimmungen über die Raumverträglichkeitsprüfung für Seveso-Betriebe geändert.
Im Vlbg RplG (LGBl. für Vlbg Nr. 57/2023) werden insb. die Bestimmungen für die Grundlagenerhebung, die Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für das geographische Informationssystem überarbeitet. Die Landesregierung, die Bezirkshauptmannschaften und die Organe der Gemeinden sind ermächtigt, diverse personenbezogene Daten automationsunterstützt für bestimmte Zwecke zu verarbeiten. In Betriebsgebieten können Zonen festgelegt werden, die für Seveso-Betriebe bestimmt sind; außerhalb von solchen Zonen dürfen Seveso-Betriebe nicht errichtet werden. Wesentlich überarbeitet werden zusätzlich die Bestimmungen für Ferienwohnungen sowie Sondergebiete bzw. werden Regelungen für Mindeststellflächen für Fahrräder neu eingefügt. Durch das neue Gesetz über die Erhebung einer Abgabe von Zweitwohnsitzen und Wohnungsleerständen werden die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung eine Abgabe von Zweitwohnungen (Zweitwohnungsabgabe) zu erheben.
Die Novelle zur Wiener Bauordnung 2023 (LGBl. für Wien Nr. 37/2023) ändert ua. die Maßnahmen der Gemeinde als Trägerin von Privatrechten. In Energieraumplänen können Gebiete ausgewiesen werden, in denen Fernwärme vorhanden oder der Ausbau bis bestimmten Zeitpunkt vorgesehen ist. Neu geregelt werden die Bestimmungen für Einkaufzentren sowie für den Fachbeirat für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe.
In der überörtlichen Raumplanung sind in den Ländern mehrere sektorale bzw. regionale Raumordnungsprogramme erstellt oder geändert worden. Im Bgld werden ein Entwicklungsprogramm für die Region „Südburgenland“ sowie ein Entwicklungsprogramm für die Region „Mittelburgenland“ erlassen, in denen ua. als "standörtliche und zonale Festlegungen" bestimmt werden: Überörtliche Siedlungsgrenzen, Freiraumzonen, Grünkorridore, landwirtschaftliche Vorrangzonen, Betriebsstandorte, interkommunale Betriebsgebiete, Tourismusstandorte sowie regional bedeutsame Bauwerke oder Ensembles mit Fernwirkung.
In Oberösterreich wird das regionale Raumordnungsprogramm für die Region Eferding 2 verordnet, in dem regional bedeutende Siedlungsgrenzen festgelegt werden, die bei der Neuwidmung von Bauland nicht überschritten werden dürfen.
In Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg werden jeweils mehrere Standortverordnungen für Einkaufzentren durch die Landesregierungen festgelegt.
In Tirol werden mehrere Regionalprogramm betreffend landwirtschaftliche Vorsorgeflächen bzw. überörtliche Grünzonen geändert.
In der Rechtsprechung des VfGH sind im Berichtszeitraum im Raumordnungsrecht keine „wegleitenden“ oder besonders bedeutenden Erkenntnisse ergangen. Mehrfach werden Individualanträge auf Aufhebung örtlicher Raumplane vom VfGH abgelehnt.
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